Okularberatung

Ohne Okular ist die visuelle Beobachtung nicht möglich, das Okular ist genauso wichtig wie das Teleskop.

TeleVue 31mm Nagler
Das "Tönnchen": TeleVue 31mm Nagler

 

Mit einem qualitativ schlechten Okular kann auch das beste Teleskop nur schlechte Bilder liefern. Auch ein definitiv farbfehlerfreies Spiegelsystem kann mit einem Billigokular bunte Bilder zeigen. Wichtig für das Bildergebnis sind Qualität, Konzeption, Korrektur, Transmission und Kontrast des Okulars. Wichtig ist, welches Teleskop bzw. Öffnungsverhältnis man hat.

Das von einem bestimmten Teleskop erzeugte Bild hängt zunächst von Brennweite und Gesichtsfeld des Okulars ab.

Je nach Interessenlage und Teleskop sind unterschiedliche Okulare nötig. Die Austrittspupille (Öffnung : Vergrößerung) erlaubt relativ allgemeingültige Aussagen. Die für eine bestimmte Austrittspupille erforderliche Okularbrennweite läßt sich direkt für jedes Teleskop berechnen:

Ap * f/ = f_Okular.

Berechnungen und Nomenklatur

  X Vergrößerung
X = f : fO Ap Austrittspupille (mm)
Ap = D : X TG° Tatsächliches Gesichtsfeld
Ap = fO : f/ GO° Scheinbares Gesichtsfeld des Okulars (°)
TG° = GO° : X fO Brennweite des Okulars (mm)
fO = Ap x f/ f Brennweite des Teleskops (mm)
f/ = f : D D Durchmesser (Öffnung) des Teleskops
  f/ Öffnungsverhältnis

Sucherfunktion - maximales Gesichtsfeld

6 bis 10 mm Austrittspupille. Die beste Ausnutzung der Öffnung nutzt nichts, wenn man das Objekt nicht findet. Gerade bei großen Teleskopen kann ein Öffnungsverlust durchaus in Kauf genommen werden, sofern man dies bewußt zum Auffinden, und nicht zum Beobachten der Objekte einsetzt. So läßt sich mit einem 20" f/4 gut 1,3° Gesichtsfeld erzielen, wobei man den 20-Zöller tatsächlich "nur" als 12 bis 14-Zoll-Sucher benutzt.

Minimalvergrößerung - großes Gesichtsfeld

TeleVue Panoptic
TeleVue Panoptic

 4 - 6 (max. 8) mm Austrittspupille. Die Begrenzung hierfür ist der Pupillendurchmesser des Auges. Der maximale Pupillendurchmesser ist ca. 7-8mm für ein gesundes, junges Auge. Im Alter sind erhebliche individuelle Abweichungen möglich. Wie die Gahberg-Studie gezeigt hat, sollten sich aktive Beobachter selbst mit 70 Jahren nicht unter 6mm einschätzen. Eine größere Austrittspupille ist nicht schädlich, sondern unwirtschaftlich. Die übersteigende Lichtmenge wird nicht wahrgenommen sondern zur Beleuchtung des Gesichts verwendet; man könnte genausogut ein entsprechend kleineres Teleskop verwenden.

Gesichtsfeld

Die Größe des tatsächlich wahrgenommenen Gesichtsfeldes hängt auch vom scheinbaren Gesichtsfeld des Okulars ab. Daneben begrenzt der freie Durchlaß vor dem Okular die Größe des Gesichtsfeldes, wobei logischerweise die engste Stelle entscheidet.

Bei einem (existenten) Bino-Ansatz mit nur 11 mm freiem Durchlaß der Prismen wird das mögliche Gesichtsfeld weder mit 1,25" noch mit 2" Okular-Einsteckdurchmesser größer, als es durch 11 mm hindurchpaßt. Ein freier 1,25" Anschluß läßt kaum mehr als das Gesichtsfeld eines 24 mm Widefield durch. Die Gesichtsfelder eines 32 mm Plössl oder eines 40 mm Kellner werden nicht größer.

Durch einen freien 2" Anschluß paßt kaum mehr Gesichtsfeld, als es mit einem 40 mm Widefield erzielt werden kann. Ein 2" 80 mm Okular bringt zwar ein helleres Bild, letztendlich aber nur die halb so große Abbildung des gleichen Himmelsauschittes.

Meade UWA
Meade UWA

Sofern nicht das größtmögliche Gesichtsfeld erzielt werden soll, halte ich eine Austrittspupille von ca. 5 mm für vollkommen ausreichend. Eine Austrittspupille über 5 mm bringt zwar ein helleres Bild. Dies macht jedoch nur bei absolut dunklem Nachthimmel einen Sinn, und bringt für die Wahrnehmung einiger lichtschwacher Objekte nur eine geringe Steigerung zum absoluten Maximum.

Für angehende Astronomen ist auch ohne Widefield-Interesse ein Okular mit
großem Gesichtsfeld wichtig, es wird sonst schwieriger, sich am Himmel zurechtzufinden.

Normalvergrößerung

2 - 4 mm Austrittspupille: Erfahrungsgemäß werden diese Okulare am häufigsten verwendet.

4 - 3,5mm Austrittspupille: ist meines Erachtens für die meisten großflächigen, flächenlichtschwachen Nebel optimal.

Mit 2 mm Austrittspupille nimmt das Auge bereits 80% der maximalen theoretischen Auflösung wahr, für viele Objekte ist die Wahrnehmbarkeit optimal, z.B. die meisten Galaxien.

Maximalvergrößerung / Auflösung

Pentax XW
Pentax XW

1 (bis min. 0,8 - 0,5 mm) Austrittspupille. Mit 1 mm Austrittspupille nimmt man 95% der theoretisch maximal möglichen Auflösung wahr. Jede weitere Vergrößerung macht nur dann Sinn, wenn Teleskop und Augen gut sind.

0,5 mm Austrittspupille stellt die Maximalvergrößerung dar, jede weitere Vergrößerung bringt nichts mehr. Nutzbar sind 0,5 mm Austrittspupille nur zum Trennen enger Doppelsterne, und am äußersten Limit des Teleskops zur Wahrnehmung schwächster Details.

0,8 mm Austrittspupille bringt bei perfektem Seeing die maximale Wahrnehmbarkeit kleiner, kontrastarmer Details, und ist die sinnvolle Maximalvergrößerung für Planeten.

Vergrößerung / Qualität

Es gibt Teleskope, deren optische Qualität nicht mal 3 mm Austrittspupille verträgt, d.h. jede höhere Vergrößerung ist sinnlos, es wird nur Unschärfe aufgeblasen. Speziell im Billigbereich sollte man die Qualität des Teleskopes kennen, bevor man in hohe Vergrößerungen investiert.

Vergrößerung / Auflösung / Seeing

Die Nutzbarkeit starker Vergrößerungen hinsichtlich der Auflösung kleiner Details wird durch die Atmosphäre eingeschränkt. Die Luftunruhe setzt in den meisten Nächten deutliche Grenzen. Die atmosphärische Begrenzung der Vergrößerung ist öffnungsabhängig. Mit kleinen Öffnungen kann oft die Maximalvergrößerung eingesetzt werden. Größere Teleskope lassen meist eine absolut größere Vergrößerung zu, mit zunehmender Öffnung wird die Vergrößerung immer stärker durch das Seeing begrenzt. Bei schlechtem Seeing erlauben kleine Öffnungen absolut größere Vergrößerungen. Es wird nur durch einen kleinen Ausschnitt innerhalb der Luftwellen geblickt, das Bild wird rauf und runtergeschoben, ohne es zu entstellen. Große Teleskope erfassen mehrere Luftwellen, die das Bild durchmischen. Die folgende Tabelle für maximale sinnvolle Vergrößerung bei bestimmtem Seeing entspringt einer Mischung aus Theorie und Praxis und sollte nur als Anhaltspunkt dienen. In vielen nicht besonders guten, aber noch brauchbaren Nächten ist bereits bei 200-facher Vergrößerung Schluß - jede weitere Vergrößerung bringt nichts an Auflösung.

Das oben gesagte betrifft u.a. die Beobachtung von Planeten, d.h. die Wahrnehmung kleiner, kontrastschwacher, aber auch ziemlich heller Details.

Vergrößerung / Wahrnehmung

Vixen LVW
Vixen LVW

Ein anderer Grund, hoch zu vergrößern, besteht in der Wahrnehmungsschwelle des Auges für schwache Kontraste.

Es ist egal, ob es sich um ein eigentlich helles Objekt im lichtdurchfluteten Stadthimmel, ein extrem lichtschwaches Objekt bei dunklem Himmel, oder ein schwaches Detail in einem Objekt handelt. Das Auge braucht einen gewissen Mindest-Helligkeitsunterschied, um etwas zu sehen, und dieser Helligkeits-Unterschied darf mit linear zunehmender Fläche einer Bildkomponente expotentiell kleiner werden.

Die Wahrnehmbarkeit steigt also expotentiell mit zunehmender Größe, während die Flächenhelligkeit nur linear mit zunehmender Vergrößerung sinkt.

Erst bei hoher Vergrößerung schöpft man die Wahrnehmungsgrenzen seines Teleskopes im Deep Sky Bereich aus. Bei einem kleinen Teleskop wird man sehr hoch vergrößern, um das Objekt überhaupt sehen zu können; mit etwas mehr Öffnung wird man es schon mit Minimalvergrößerung genauso sehen; deutlich mehr, z.B. Spiralarme einer Galaxie, sieht man mit hoher Vergrößerung. Mit großer Öffnung sieht man bei Maximalvergrößerung vielleicht schon Details in den Spiralarmen.

Man muß hier auch das Sehen neu lernen, z.B. im Eskimo-Nebel bei unterdurchschittlichem Seeing und hoher Vergrößerung, ein riesengroß aufgeblasenes, pulsierendes, waberndes Eskimo-Gesicht, das einen angrinst. Es ist besser als ein kleines, ruhiges, "scharfes" Flecklein. So hat jede Nacht, jedes Teleskop, jedes Objekt und jeder Beobachter seine optimalen Okulare und optimalen Vergrößerungen.

Wichtig ist, daß man auch im DeepSky Bereich und auch an bekannten Objekten immer wieder mal höhere Vergrößerungen probiert.

Vergrößerung / Gesichtsfeld

Gerade beim Dobson ist das Gesichtsfeld des Okulars ein nicht unwichtiger Punkt bei hohen Vergrößerungen.

Gesichtsfeld / Abstufung

TeleVue Nagler
TeleVue Nagler

Durch das große Gesichtsfeld der Nagler- oder Widefield-Okulare ist die Staffelung der verschiedenen Okulare nach Brennweite nicht unbedingt richtig. Mit 2000 mm Brennweite sehen Sie mit einem 9 mm Nagler ein 0,37° großes Stück Himmel in 227-facher Vergrößerung, mit einem 15 mm Plössl 0,39° in 133-facher Vergrößerung. In beiden Okularen sehen Sie also praktisch das gleiche Bild, nur eben im Plössl wesentlich kleiner.

Korrektur / Kontrast / Einblick

Neben "harten" Daten gibt es eine Reihe von Dingen, die nicht unbedingt aufs Papier zu bringen sind, z.B. Koma-Korrektur. Mit f/8 spielt Koma keine Rolle, bei f/4.5 ist es am Bildrand deutlich sichtbar. Bei dieser Gelegenheit, Koma-Korrektoren sind für die Fotografie sehr gut, nur ist dort ein sauberer Stern 2 Bogensekunden groß. Visuell sind Koma-Korrektoren nur sehr eingeschränkt nutzbar.

Takahashi LE
Takahashi LE

Nagler-Okulare sind hinsichtlich der Koma-Korrektur am Bildrand sehr gut, und bieten auch bei f/5 außerhalb eines zentralen Bereichs von rund 30 Grad sehr gute Schärfe. Im zentralen Bereich sind die Nagler auch sehr gut, viel besser als billige Primitivokulare, aber hier gibt es eindeutig bessere Okulare. Die 7 oder 8 Linsen mit ihren 14 oder 16 Flächen fordern hier ihren Preis, ich glaube, auch die Koma-Korrektur außen wird minimal etwas in der Mitte kosten.

In der absoluten Bildmitte sind für maximalen Kontrast möglichst einfach aufgebaute Okulare optimal, z.B. orthoskopische Okulare oder Plössl, allerdings auch nicht jedes, sondern nur wirklich gute. Außerhalb eines zentralen 30°-Bereiches sind bei f/5 die Nagler wiederum besser.

Bei einfachen Okularen ist der Pupillenabstand ist immer etwas kürzer als die Brennweite. Bei 20 mm ist der Einblick meist immer gut, unter 10 mm Brennweite wird das Einblickverhalten immer unschöner - man muß ins Okular reinkriechen. Eine noch so perfekte Kontrastleistung nutzt nichts, wenn die Wimpern das Okular laufend zuschmieren. Ebenso leidet die Wahrnehmung ganz erheblich, wenn der Einblick unangenehm ist.Aufwendiger konstruierte Okulare bieten meist einen verbesserten Einblick. So z.B. Vixen LV mit 20mm Pupillenabstand, allerdings kleinem Gesichtsfeld, oder TeleVue Nagler, deren Einblick mir bis hinunter zum 7 mm gefällt. Besonders gut finde ich in dieser Beziehung TeleVue Panoptic und Pentax XL. Bei beiden ist der Mensch das Maß der Dinge. Das große Gesichtsfeld von 65-68 Grad entspricht dem Bereich, den man bewußt wahrnimmt. Gleichzeitig ist der Pupillenabstand so groß, daß jeweils auch mit Brille das volle Gesichtsfeld sichtbar ist.

Das Pentax XL bietet einen einheitlichen Pupillenabstand von 20 mm – bis hinunter zum 5,2 mm Okular! Weiterhin bieten die Pentax eine aufwendige, verstellbare Augenmuschel. Voll eingeschraubt dient sie dem Brillenträger zur weichen Auflage der Brille. Wer ohne Brille beobachtet kann die Augenmuschel weit ausfahren und den Abstand individuell einstellen, bis Stirn und Nasenwurzel bei perfektem Einblick bequem anliegen.

Welches Okular?

Auch diese Frage kann ich niemandem abnehmen. Welches Einblickverhalten gut oder unmöglich ist oder welches Bild akzeptabel ist, hängt auch sehr stark vom Beobachter ab. Ich kann nur raten: selbst testen, und zwar mit dem dafür vorgesehenen Teleskop. Zum Beispiel kombiniert das TeleVue Panoptic ein 68° Gesichtsfeld mit großem Augenabstand: die Meinungen gehen von der völligen Ablehnung bis zur totalen Begeisterung – vorher testen.

Eine optimale Okularzusammenstellung muß Teleskop, Standort und die persönlichen Interessen berücksichtigen, ebenso den Geldbeutel. Zu letzterem sei angemerkt, daß das zweimal gekaufte Okular am teuersten kommt. Statt einem fein abgestuften Satz von 5 oder mehr Billigokularen sollte man sich das Ganze gut durchdenken, testen, und zunächst 2 oder 3 gute Okulare kaufen.

Es ist wichtig, ob ein Okular 40° oder 80° GO hat, ebenso machen 10 oder 15 mm Brennweite einen Unterschied. Ein Gesichtsfeld-Unterschied von 56° auf 58° oder der Brennweitenunterschied von 12 auf 13 mm sollte kein Argument sein. Selbst falls die Werte tatsächlich stimmen, sind in der Praxis Unterschiede in Korrektur und Einblickverhalten wichtiger.

Tabelle: Austrittspupille
mm f/4 f/4,5 f/5 f/6 f/8 f/10
2,5 0,6 0,6 0,5 0,4 0,3 0,25
4,0 1,0 0,9 0,8 0,7 0,5 0,4
5,0 1,3 1,1 1,0 0,8 0,6 0,5
6,0 1,5 1,3 1,2 1,0 0,8 0,6
7,0 1,8 1,6 1,4 1,2 0,9 0,7
8,0 2,0 1,8 1,6 1,3 1,0 0,8
9,0 2,3 2,0 1,8 1,5 1,1 0,9
10,0 2,5 2,2 2,0 1,7 1,3 1,0
12,0 3,0 2,7 2,4 2,0 1,5 1,2
14,0 3,5 3,1 2,8 2,3 1,8 1,4
16,0 4,0 3,6 3,2 2,7 2,0 1,6
20,0 5,0 4,4 4,0 3,3 2,5 2,0
25,0 6,3 5,6 5,0 4,2 3,1 2,5
28,0 7,0 6,2 5,6 4,7 3,5 2,8
 

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